FETUS

Johanna Landt

Freitag, 09.01.2015 | 20:15 Uhr
Samstag, 10.01.2015 | 20:15 Uhr

© Johanna Landt

Es tropft. Eine Frau ist gefangen in einer Höhle wärmender Geborgenheit. Was ist es, das immerzu tropft? Sie zweifelt an den Grenzen ihrer wohligen Welt. Warum ist es hier so gemütlich? Von wo tropft es herein?

In Fetus erforscht das Künstlertrio um Johanna Landt die Entdeckung der Mündigkeit. Eindringliche Musik trägt das Publikum durch die atmosphärischen Bilder dieser intimen und plastischen Tanzperformance.Das Projekt erregte große Aufmerksamkeit beim Kaltstartfestival 2014.

Lila-Zoé Krauß arbeitet bei dem freien Bildhauer Peter Märker. Vincent Matz studiert im sechsten Semester Architektur an der HCU. Johanna Landt arbeitet als Bühnenbildhospitantin am Thalia-Theater. Das junge Künstlerteam erregte mit einer Kurzversion von Fetus große Aufmerksamkeit beim Kaltstartfestival 2014.

Mit Lila-Zoé Krauß
Konzept & Regie: Johanna Landt
Musik & Technik: Vincent Matz

Interview mit Regisseurin Johanna Landt

„WEIL MAN DIE DINGE ERFORSCHEN MUSS“

LICHTHOF | Was war der Anlass für FETUS?

Johanna Landt | Es ging damit los, dass ich eine Installation basteln wollte. Eigentlich sollte es eine Videoinstallation werden. Inspiriert war ich von König Ödipus und seinem Willen zum Wissen.

Der Wille zum Wissen?

Sicher kann man Ödipus von verschiedenen Seiten sehen. Mich interessiert aber, dass da jemand ist, der eine Handlung vollzieht, aus der Konsequenzen folgen. Weil da jemand ist, der sich in gegebenen Strukturen befindet, sich aber nicht seiner Verantwortung entzieht. Das ist meine Lesart. Dass da jemand ist, der für das einsteht, was er macht, und die Konsequenzen der eigenen Handlung trägt. Er könnte ja auch sagen „Ich bin jetzt irgendwie Gefangener meiner Vorbestimmung.“ Dann haben Vincent und ich uns zusammengefunden und gebastelt.

Ein schicksalhaftes Treffen oder kanntet ihr euch vorher?

Wir kennen uns sehr lange. Vincent studiert Architektur, als DJ kennt er sich auch technisch gut aus. Lila ist meine Mitbewohnerin und gute Freundin. Wir drei bringen sehr unterschiedliche Temperamente in das Projekt ein.

Hast du Performance oder etwas ähnliches studiert?

Nein. Nach meinem Abi 2011 war ich lange in Schottland. Anschließend habe ich ein bisschen herumgearbeitet und bin dann am Theater gelandet.

Was hast du so herum gearbeitet?

Zuerst beim Bäcker und beim Tischler. Ich habe verschiedene Sachen ausprobiert und bin seit fast einem Jahr am Thalia Theater. Bei FRONT habe ich die Videoassistenz gemacht und bei zwei weiteren Stücken im Bereich Bühnenbild hospitiert. Jetzt bastele ich die Modelle für Annette Kurz. Ich habe einen Atelierplatz, kann an meinen Sachen arbeiten und habe flexible Arbeitszeiten. Ich arbeite zwei Wochen an den Modellen und habe dann zwei Wochen frei, um eigene Arbeiten zu machen.

Das ist ja schick. Lag dein Interesse zunächst in der Tischlerei oder dem Theater?

Dem Theater. Mein Gedanke war immer, dass ich Kunst machen und basteln wollte. Dazu will ich natürlich handwerklich was können. So hat es sich mit dem Platz für die Videoassistenz gut ergeben. Dabei habe ich gemerkt, dass Theater ein sehr interessanter Ort für mich ist.

Was macht Theater für dich interessanter als andere Formen künstlerischen Ausdrucks?

Theater ist auf keinen Fall alles, ich möchte auch andere Dinge machen. Was am Theater aber interessant ist, ist der kollektive Prozess, gemeinsam ein Projekt auf die Beine zu stellen. Manchmal ist es schwer, es gibt dann so viele Dinge zu erledigen und alle sind gestresst, aber wenn es klappt, ist das schon toll. Ich habe viel gelernt, von den Leuten, mit denen ich bisher gearbeitet habe. Die waren immer offen für Fragen. Im Idealfall kann jeder seine Ideen einfließen lassen. Damit findet, wiederum ein Idealfall, die Reflektion unserer Gesellschaft statt. Oder einfach ein interessanter Abend, nach dem die Leute anschließend anders in die Welt zurück gehen.

Du sprichst viel von dem Prozess. Denkst du in deiner Arbeit an die Wirkung auf andere, auf ein Publikum, oder bist du eine Künstlerin, die sagt „Ich mach das für die Kunst und das Publikum darf zuschauen.“

Auf jeden Fall geht es nicht darum, sich in Elfenbeintürme zu verschanzen. Die Vorstellung von Kunst als Selbstzweck ist das Allerschlimmste. Aber ich glaube, mein Ansatz ist, bei sich selbst anzusetzen. Im Prozess selbst ziehst du Leute automatisch mit und veränderst sie. Aber ich arbeite jetzt nicht wirkungsorientiert und will auch keine bestimmte Message oder Moral rüberbringen. Aber es muss auf jeden Fall politisch sein und sich mit etwas auseinandersetzen.

Was ist das Politische an FETUS?

Wir gehen jetzt nicht auf die Straße oder docken konkret an irgendeinem gesellschaftlichen Punkt an, den wir gerne verändern wollen. Aber ich finde es schon politisch, weil wir uns mit dem Thema auseinandersetzen, wie man sich als mündiger Mensch begreift. Der in der Welt steht und die Welt verändern muss. Weil man eine Verantwortung hat und nicht in seiner Kapsel bleiben darf. Weil man die Sachen erforschen und hinterfragen muss.

Was ist mit denen, die das nicht tun?

Die drehen sich um sich selbst. Die bleiben dann in ihrem Sumpf. Manchmal kann ich das auch verstehen, man muss sich zurückziehen dürfen. Aber die, die immer in der Kapsel bleiben und nichts von außen reinlassen, halten immer nur das für richtig, was sie sehen. Das verteidigen sie vor anderen oder treten gar nicht erst in einen Austausch. Das ist doch heute das Wichtigste, dass sich Menschen austauschen und zusammen tun.